„Betrug“ beim Immobilienkauf

Bei fehlgeschlagenen Immobiliengeschäften stellt sich häufig die Frage, ob der Käufer, der sich übers Ohr gehauen fühlt, strafrechlich oder zivilrechtlich vorgehen sollte. Eine Strafanzeige wegen Betruges gegen den Verkäufer hat den Vorteil, dass das Verfahren günstiger ist und außerdem das Untersuchungsgericht quasi die Recherchearbeit bei der Ermittlung des Sachverhaltes für den Geschädigten übernimmt, die er im Zivilverfahren selbst leisten muss. Allerdings besteht für den Käufer kein Wahlrecht, ob er Strafanzeige einreichen oder Zivilklage einreichen kann, wie ein Urteil des Obersten Gerichtshofes in Madrid zeigt: Ein Hauskäufer fühlte sich betrogen, weil ihm der Verkäufer verschwiegen hatte, dass die Immobilie gar nicht über eine Bewohnbarkeitsbescheinigung verfügte, also von der Gemeinde nicht als Wohngebäude abgenommen war. Dies sei für die Annahme eines Betruges nicht ausreichend, urteilten die Richter des Strafsenates des Obersten Gerichtshofes in Madrid. Für einen Betrug müsse eine Einwirkung auf den Willen des Käufers unter Vorspiegelung falscher Tatsachen vorliegen, sodass dieser eine Verfügung über sein Vermögen treffe, ohne dass er eine adäquate Gegenleistung erhielte. Dies sei aber bei der fehlenden Bewohnbarkeitsbescheinigung zumindest dann nicht der Fall, wenn diese mit einem entsprechenden Verwaltungsverfahren noch beantragt werden könne. Das ist zwar unter Umständen lästig, mit Kosten verbunden und langwierig, reichte den Richtern aber für eine Strafbarkeit nicht aus. Der Käufer hätte im vorliegenden Fall also auf dem Zivlrechtsweg Schadenersatz einklagen sollen und muss nun noch einmal klagen. Nach meiner praktischen Erfahrung empfiehlt es sich bei fehlgeschlagenen Immobiliengeschäften in neun von zehn Fällen, den Zivilrechtsweg einzuschlagen. (Tribunal Supremo, Urt. v. 1.12.2004).


Schadenersatz beim Rücktritt vom Vertrag

Tritt ein Immobilienverkäufer vom Kaufvertrag zurück, weil der Käufer den Kaufpreis nicht wie vereinbart zahlt, kann er mit der Auflösungsklage auch Schadenersatz verlangen. Allerdings muss der Schaden sich direkt aus dem Kaufvertrag ergeben haben. In einem vom Obersten Gerichtshof entschiedenen Fall hatte ein Verkäufer bereits vor dem Kaufvertrag eine andere Immobilie erworben und finanziert. Die für diese Finanzierung angefallenen Zinsen wollte er von dem säumigen Käufer nach Vertragsauflösung ersetzt bekommen. Dieses Begehren lehnte das Gericht ab. Die aus einem anderen Geschäft entstandenen Zinsen hätten mit der Auflösung des Immobilienkaufvertrages nichts zu tun. (Tribunal Supremo, Urt.v. 23.12.2002)

Kaufvertrag ohne Bewohnbarkeitsbescheinigung nichtig

Eine Immobilie, die in Spanien Wohnzecken dienen soll, benötigt von der Gemeinde die so genannte Bewohnbarkeitsbescheinigung (cédula de habitablidad). Leider werden hin und wieder auch Immobilien auf den Markt geworfen, bei denen diese Bescheinigung nicht vorhanden ist. Dann hat der Erwerber das Nachsehen. Denn offiziell darf er die von ihm erworbene Immobilie gar nicht als Wohnung nutzen. Allerdings steht der Käufer in solchen Fällen nicht rechtlos da, entschied jetzt der Oberste Gerichtshof in Madrid:
Ein Apartment war nach Teilungserklärung eines Mehrfamilienhauses als „Abstellkammer“ ausgewiesen. Die Veräußerer hatten diese einfach zu Wohnzwecken umgebaut. Den Käufern hatten sie erzählt, alles habe seine Ordnung. Die Käufer hatten dann noch auf den flotten Spruch des Makler vertraut, es gebe durch die fehlende Bewohnbarkeitsbescheinigung nur Vorteile: „Sie müssen nicht einmal Grundsteuer bezahlen.“ Dies sah der Oberste Gerichtshof anders. Wer eine Immobilie zu Wohnzwecken erwerbe, gehe davon aus, dass dies auch amtlich gestattet sei, also die Bewohnbarkeitsbescheinigung vorliege. Die zuständige Gemeinde hatte den Erwerbern schriftlich bescheinigt, dass eine solche für die umgebaute Abstellkammer unter keinen Umständen ausgestellt werden können.
Daher war der Kaufvertrag wegen Irrtums der Käufer nichtig und sie konnten die Rückzahlung des Kaufpreises verlangen. (Tribunal Supremo, Urt. v. 03.06.2003)

Schadenersatz beim Doppelverkauf

In Spanien ist es möglich, Immobilien wirksam auch mit einem privatschriftlichen Vertrag und ohne Eintragung in das Grundbuch zu verkaufen. Aber letzteres ist Voraussetzung, um den Kauf gegenüber fremden Ansprüchen zu sichern; sonst kann es sein, dass bei einem Doppelverkauf durch den ursprünglichen Verkäufer später das Eigentum verloren geht. In diesem Fall kann der geprellte Käufer zwar sein Geld zurückverlangen und Schadenersatz beanspruchen. Aber wie soll der Schaden berechnet werden? Mit dieser interessanten Frage hatte sich der Oberste Gerichtshof in Madrid auseinanderzusetzen. Dabei hat das Gericht anerkannt, dass bei der Schadensberechnung auch der Wertfaktor der Bebaubarkeit bei der Schadensermittlung mit herangezogen werden kann. Als rechtlich gedeckt, hat das Gericht aber auch die Ansicht der Vorinstanz bestätigt, dass dabei die konkrete Bebaubarkeit des fraglichen Grundstücks nachgewiesen werden müsse. Denn nicht jedes Grundstück, das in einem Baugebiet liege, sei per se auch bebaubar. Dies war in dem Fall wegen der keinen Größe des streitigen Grundstücksstreifens zwischen den umstritten geblieben.
Ansonsten könne der geprellte Käufer auch noch Zinsen auf den entrichteten Kaufpreis verlangen. Allerdings könne der Richter nach seinem Ermessen den Zinsanspruch auch mindern, wenn es dem Kläger erst nach zehn Jahren einfalle, seinen Anspruch geltend zu machen. (Tribunal Supremo, Urt. v. 15.05.03)

Bank haftet nicht für falsche Auskunft über Lastenfreiheit von Immobilien

Wer eine Immobilie erwirbt, möchte kein Risiko eingehen, dass es nachher Schwierigkeiten gibt. Daher sollte man sich fachkundig beraten lassen. Insbesondere bei der Finanzierung der Immobilie mit einer Bank meinen aber viele, auf den Rechtsrat von Anwälten verzichten zu können, Schließlich seien ja „Profis“ von Bank zu Gange, die sich um die korrekte Abwicklung der Sache kümmerten. Denn die Bank habe ja schon ein Eigeninteresse zu prüfen, dass der Eintragung keine Hindernisse entgegenstehen.
Dass diese Einstellung ein Trugschluss sein kann, musste der Erwerber einer Industriehalle aus Katalonien feststellen: Die finanzierende Bank gab an, die Lastenfreiheit der Immobilie geprüft zu haben. Sie stellte hierfür dem Erwerber eine Gebühr in Rechnung. Der Verkäufer sicherte die Lastenfreiheit in der Urkunde zu. Auf weitere Prüfung durch den Notar wurde verzichtet. Der Verkäufer erhielt den Kaufpreis direkt von der Bank.
Erst bei der Eintragung beim Grundbuchamt stellte sich dann heraus, dass die Immobilie noch mit einer erstrangigen Hypothek zugunsten eines anderen Gläubigers belastet war. Im Ergebnis musste der Erwerber also den fremden Gläubiger bezahlen, der inzwischen die Zwangsversteigerung der Halle eingeleitet hatte und die eigene Bank mit ihrem Darlehen.
Offenbar, weil der Verkäufer inzwischen nicht mehr zahlungsfähig war, versuchte der geprellte Erwerber sein Glück nun gegenüber der Bank und nahm diese auf Schadenersatz in Haftung; dabei argumentierte er, die Bank habe aus dem Hypothekenkreditvertrag eine Nebenpflicht richtig die Lastenfreiheit zu ermitteln und ihn über diese aufzuklären. Außerdem habe die Bank, indem sie ihm sogar eine Gebühr in Rechnung gestellt hatte, einen Auftrag übernommen, die Prüfung von bestehenden Belastungen der Liegenschaft zu prüfen.

Dieser an sich einfache Sachverhalt stellte die Gerichte vor ein ernsthaftes Dilemma: Hat die Bank tatsächlich eine so weit gehende Beratungspflicht gegenüber dem Kunden? Dass man hier unterschiedlicher Meinung sein kann, zeigen die völlig unterschiedlichen Ergebnisse in den verschiedenen Instanzen:

Das Gericht erster Instanz wies die Klage ab.
Das Berufungsgericht von Barcelona (Urt. v. 17.1.2000) hob diese Entscheidung auf und gab dem geprellten Immobilienerwerber Recht: Die Bank müsse für seinen Schaden einstehen.
Hiergegen leitete die Bank ein Kassationsverfahren bei dem Obersten Gerichtshof in Madrid ein, der nun wieder der Bank Recht gab und die Entscheidung der Berufungskammer kassierte. Der Oberste Gerichtshof vertritt die Meinung , dass die Bank die Lastenfreiheit der zu finanzierenden Immobilie ausschließlich im eigenen Interesse prüft, nicht im Interesse des Kunden. Hierfür sei sie berechtigt, die anfallenden Kosten als Gebühr zu verlangen. Damit sei keine Übernahme eines Auftrages des Kunden verbunden. Diese müsse schließlich selbst für eine Überprüfung der Lastenfreiheit Sorge tragen.
In der Quintessenz bedeutet dies, dass Erwerber von Spanienimmobilien statt auf die ordnungsgemäße Abwicklung durch ihre Bank zu vertrauen, lieber unabhängigen Rechtsrat einholen sollten. (Tribunal Supremo, Urt. v. 26.03.2007)

(C) 2008 Nielks Becker